Lágrima Portwein – Süße Tränen aus dem Fass
Ein Blick auf den süßesten aller Portweine und die Kunst der Fassreifung
Wenn es um Portwein geht, denken viele sofort an kräftige, rubinrote Tropfen oder die elegant gereiften Tawny-Varianten. Doch abseits dieser bekannten Vertreter existiert eine fast vergessene Kostbarkeit: der Lágrima Portwein – eine besonders süße Form des weißen Portweins. Sein Name, der auf Portugiesisch „Träne“ bedeutet, ist nicht zufällig gewählt. Lágrima ist ein Dessertwein, der dickflüssig und sirupartig am Glas herunterläuft – wie eine goldene Träne. In diesem Beitrag werfen wir einen genauen Blick auf diese rare Delikatesse und beleuchten dabei besonders ein zentrales Element seiner Herstellung: die Lagerung in Holzfässern.
Was ist Lágrima Portwein?
Lágrima gehört zur Familie der weißen Portweine (Vinho do Porto Branco) und stellt dort die süßeste Ausprägung dar. Während man beim weißen Port zwischen trocken (seco), halbtrocken (meio seco), süß (doce) und eben Lágrima unterscheidet, ist letzterer der üppigste Vertreter.
Typisch für Lágrima:
- Sehr hoher Restzuckergehalt – meist über 130 g/l
- Hergestellt aus weißen Rebsorten wie Malvasia Fina, Gouveio, Viosinho oder Rabigato
- Goldgelbe bis bernsteinfarbene Farbe, abhängig von der Fassreifung
- Weicher, sirupartiger Körper mit Aromen von Honig, Blüten, tropischen Früchten und Nüssen
Lágrima wird selten in großem Stil produziert – viele Weingüter behalten ihn eher für den lokalen Markt oder für ausgewählte Genießer. Das macht ihn zu einer besonderen Spezialität, die oft übersehen wird.
Die Lagerung in Holzfässern spielt eine zentrale Rolle für die Entwicklung eines Lágrima Portweins. Doch anders als bei Tawny Ports, die oft jahrzehntelang reifen, geht es beim Lágrima eher um Feinabstimmung als um lange Lagerung. Die Fassreifung verleiht dem Wein seine weiche Textur, komplexe Aromen und seine charakteristische Farbe.
Welche Fässer werden verwendet?
Traditionell wird Portwein im Douro-Tal in Fässern aus Eiche gelagert – meist portugiesischer, französischer oder manchmal auch amerikanischer Eiche. Die gängigsten Fasstypen in der Portweinherstellung sind:
- Pipas (ca. 550 Liter): Das klassische Portweinfass. Durch das kleinere Volumen wird ein relativ hoher Kontakt zur Luft ermöglicht, was eine sanfte Oxidation begünstigt.
- Tonéis (bis zu 10.000 Liter): Große horizontale Fässer, die eher zur langsamen Reifung dienen.
- Balseiros (große vertikale Holzbehälter): Besonders bei Weißweinen oder ausgewogenen Reifungen beliebt.
Für Lágrima sind meist Pipas oder kleinere Balseiros im Einsatz. Wichtig ist hierbei, dass das Holz nicht zu dominant wird. Deshalb verwenden viele Hersteller gebrauchte Fässer, die weniger Tannine und Holzaromen abgeben, dafür aber eine kontrollierte Mikrooxidation ermöglichen.
Was ist mit den kleineren 225-Liter-Fässern?
Eine besondere Rolle spielen in jüngerer Zeit auch 225-Liter-Fässer, sogenannte Barriques . Diese kleineren Eichenfässer werden in der Portweinproduktion seltener verwendet, kommen aber zunehmend bei innovativen oder limitierten Abfüllungen zum Einsatz – auch bei Lágrima Portwein.
Vorteile der 225-l-Fässer:
Vorteil | Wirkung auf Lágrima Port |
Mehr Kontaktfläche zum Wein | Schnellere Aromabildung und Mikrooxidation |
Intensivere Holzaromen | Vanille, Toast, Karamell, je nach Eichenart |
Kleinere Menge = präzisere Steuerung | Ideal für feine Abstimmungen und Cuvées |
Fassreifung: Dauer, Ziel und Wirkung
Obwohl Lágrima Portwein sehr süß ist, soll er dennoch nicht schwer oder träge wirken. Genau hier kommt die Fassreifung ins Spiel:
Dauer der Lagerung
Die Reifezeit von Lágrima beträgt typischerweise zwischen 3 und 5 Jahren. In dieser Zeit entwickelt der Wein:
- eine feinere Textur
- harmonischere Aromen
- eine weichere Säurestruktur
Es handelt sich meist um eine non-vintage Cuvée, bei der verschiedene Jahrgänge und Fassreifungen sorgfältig zusammengestellt werden.
Ziele der Holzfassreifung bei Lágrima
Anders als bei lang gereiften Ports steht bei Lágrima nicht die oxidative Reifung im Vordergrund, sondern:
- Abrundung der Süße – die natürliche Intensität des Zuckers soll balanciert werden
- Komplexität der Aromen – das Holz bringt Noten von Vanille, Honig, gerösteten Nüssen und gelegentlich florale Töne ein
- Stabilisierung der Farbe – ein hellgoldener bis bernsteinfarbener Ton entsteht
- Texturverfeinerung – durch Mikrooxidation erhält der Wein mehr Tiefe und Struktur

Mikrooxidation und Aromabildung
Ein Schlüsselfaktor in der Fassreifung ist die sogenannte Mikrooxidation – der langsame Sauerstoffaustausch durch das Holz. Dieser Prozess verändert den Wein subtil:
- Tannine werden weicher
- Zuckersüße wirkt weniger klebrig, sondern samtig
- Es entstehen komplexe Reifearomen wie Karamell, Trockenfrüchte oder Mandeln
Insbesondere bei einem so süßen Wein wie Lágrima ist die Mikrooxidation hilfreich, um den Wein nicht eindimensional wirken zu lassen, sondern mit Struktur und Tiefe zu versehen.
Sensorik: So schmeckt ein gut gereifter Lágrima Port

Ein Lágrima, der 3–5 Jahre im Eichenfass gereift ist, offenbart im Glas eine faszinierende Aromatik. Die Süße steht zwar im Vordergrund, doch sie wird durch die Fasslagerung elegant ergänzt:
Aromakomponente | Quelle |
Honig, Karamell | Oxidative Reifung im Fass |
Vanille, Toast | Eichenholz (insbesondere bei jüngeren Fässern) |
Trockenfrüchte, Feige | Zuckerkonzentration & Reife |
Florale Töne (z. B. Orangenblüte) | Herkunft der Rebsorte |
Würze, leichte Nussigkeit | Fass und Mikrooxidation |
Lágrima genießen: Serviervorschläge
Lágrima eignet sich hervorragend als:
- Dessertwein zu Crème Brûlée, Natas oder Panna Cotta
- Käsebegleiter, besonders zu Blauschimmelkäse
- Digestif nach dem Essen, pur oder auf Eis
Empfohlene Serviertemperatur: 8–10 °C
Fazit: Eine Träne, die man schmecken muss
Neben den traditionellen Eichenfässern setzen immer mehr Brennereien auf gebrauchte Fässer aus verschiedenen Bereichen, um dem Whisky eine zusätzliche Komplexität und Vielfalt zu verleihen. Diese Fässer wurden zuvor für andere Spirituosen oder Weine genutzt und bringen deren spezifische Aromen in den Whisky.
Lágrima Portwein ist mehr als nur eine süße Spielerei – er ist ein Kunstwerk aus Traube, Handwerk und Holz. Die Lagerung in Eichenfässern verleiht ihm Tiefe, Charakter und Komplexität, ohne seine charmante Süße zu überdecken. Für Weinliebhaber, die sich jenseits des Mainstreams bewegen wollen, ist Lágrima ein echtes Entdeckungsjuwel.
Wer die Gelegenheit hat, sollte sich ein Glas dieser „Träne“ einschenken und dem Wein Zeit lassen, sich im Glas zu entfalten – denn in ihm steckt nicht nur Süße, sondern auch die ganze Geschichte des Douro-Tals und der Fasskunst portugiesischer Winzer.

Cheers!