Der Whisky-Ehrenkodex
Die Problematik des Restzuckers in Sherryfässern und neuen Fässern

Die Diskussion um Restzucker in Fässern – ob Sherryfässer oder neue Eichenfässer – ist ein faszinierendes, wenn auch komplexes Thema.
Hierbei spielen sowohl die natürlichen Eigenschaften des Holzes als auch der Herstellungs- und Reifeprozess eine wesentliche Rolle.
Doch wie wirkt sich das auf den Endgehalt an Zucker im Whisky aus, und warum ist dies überhaupt relevant?
Ursprung des Restzuckers
Restzucker in Fässern kann aus verschiedenen Quellen stammen:
Natürlicher Zuckergehalt im Holz:
Eichenholz enthält von Natur aus Kohlenhydrate wie Cellulose und Hemicellulose. Während des Toastens der Fässer – ein zentraler Schritt in der Fassherstellung – werden diese Kohlenhydrate durch die Hitze teilweise in Zuckerverbindungen wie Glucose umgewandelt. Diese sogenannte Holzhydrolyse ist ein natürlicher Prozess, der das Aroma und die Süße im späteren Destillat beeinflusst.
Vorbelegung mit Sherry oder Paxarette:
In der Whiskyindustrie werden Sherryfässer traditionell verwendet, um dem Whisky eine besondere Geschmacksnote zu verleihen. Ursprünglich wurden diese Fässer zur Vergärung von Traubenmost genutzt und anschließend mit Sherry (oft für 6-9 Monate) belegt. Dabei können Zuckerreste im Holz verbleiben, die später in den Whisky übergehen. In jüngerer Zeit hat sich eine vorgelagerte Branche entwickelt, die diese Vorbelegung – häufig mit sogenannten “seasoned” Fässern – professionell für Destillerien übernimmt.

Einfluss auf den Whisky

Die Menge des Restzuckers im Whisky hängt stark von der Art der Vorbelegung und der verwendeten Technik ab. Untersuchungen aus den 1980er-Jahren (u.a. aus Großbritannien) zeigen, dass 8-jährige Lowland Grain Spirits, die in mit Sherry vorbelegten Fässern gereift wurden, Zuckergehalte zwischen 125 und 2540 mg/L aufweisen können. Diese Werte variieren je nach Methode und Intensität der Vorbelegung.
Ein bemerkenswerter Befund ist, dass der Zucker, der durch Sherry oder Paxarette in das Holz gelangt, erst nach etwa zwei Jahren vollständig im Whisky aufgelöst wird. Dies legt nahe, dass die Probenentnahme während der Reifung mit Vorsicht interpretiert werden sollte.
Gesetzliche Vorgaben
Die Whiskyproduktion unterliegt strengen Vorschriften, insbesondere in der EU und den USA:
EU-Gesetzgebung:
Nach der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 darf dem Whisky kein Zucker zugesetzt werden.
Spuren von Zucker, die nachweisbar sind, müssen durch natürliche Prozesse entstehen.
USA:
Ähnliche Regelungen gelten auch in den Vereinigten Staaten, wo Whisky nach dem Gesetz rein aus Getreide, Wasser und Hefe hergestellt und in Holzfässern gereift werden muss.

Natürliche Zuckerquellen im Whisky

Auch ohne Sherryvorbelegung können geringe Zuckermengen im Whisky vorkommen.
Die Hauptquellen sind:
Holzabbauprodukte:
Während der Reifung gibt das Fass Kohlenhydrate ab, die durch die chemische Zersetzung des Holzes entstehen.
Fermentationsnebenprodukte:
In seltenen Fällen verbleiben minimalste Mengen unvergorenen Zuckers aus der Maische im Destillat.
Der Einfluss des Holzfasses
Die Produktion von Fässern beeinflusst maßgeblich deren chemische Eigenschaften. Der Prozess gliedert sich in drei Hauptschritte:
Zusammensetzen der Dauben:
Eichenholz wird in einem Arbeitsreifen zu einem Kreis geformt.
Biegen zur Fassform:
Durch Erhitzen bei etwa 120°C werden die Dauben biegsam und zu einem Fass geformt.
Toasten:
Dieser Schritt ist entscheidend für die spätere Aromabildung. Durch das Toasten entstehen Aromen wie Vanillin und Zuckerverbindungen. Die Holzzucker, die durch die Hitze des Toastings freigesetzt werden verleihen dem fertigen Destillat Aromen von geröstetem Brot, Vanille oder sogar Schokolade und Karamell. Eben diese Aromen sind in der chemischen Betrachtung als Zucker einzuordnen und daher in der Gesamtbetrachtung nicht zu vernachlässigen.
Unser Küfer Jens beim Beigen eines Fasses über Feuer.
Fazit
Die Frage des Restzuckergehalts in Fässern und dessen Einfluss auf Whisky ist ein komplexes Zusammenspiel aus natürlichen Prozessen und handwerklicher Technik.
Letztlich hängt die Relevanz des Zuckers von der Konzentration im Endprodukt ab – und hier bleibt festzuhalten, dass es sich in der Regel um äußerst geringe Mengen handelt, die sowohl rechtlich als auch sensorisch unbedenklich sind.
Dennoch zeigt die Thematik, wie tiefgreifend die Chemie der Fassreifung den Charakter eines Whiskys prägt.

Cheers!